Blick in die neue Straßenbahn

Blick in die neue Straßenbahn
14. Dezember 2017 Andreas Holling

Ende Juni wurde der Vertrag zwischen der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) und der Siemens AG über die Lieferung der neuen Bremer Straßenbahnen vom Typ Avenio geschlossen. Seitdem sind zahlreiche Details für die neue Bahn vom Typ Avenio weiterentwickelt worden. Das Ergebnis zeigt ein zehn Meter langes Innenraummodell, das seit Kurzem auf dem Betriebsgelände am Flughafendamm steht.

Das sogenannte Mock-up stellt den begehbaren Innenraum und den Fahrerarbeitsplatz des Avenio dar. Beide Bereiche laden schon jetzt zum Platznehmen ein. Zwar fehlen noch einige Details wie Fenster und Türen. Aber das Modell im Maßstab 1:1 gibt dennoch einen realistischen Eindruck davon, wie die neuen Fahrzeuge künftig innen aussehen werden.

Viele Details

Und der erste Eindruck: Groß ist sie. »Wird die wirklich so hoch?« ist eine der ersten Fragen, die von Besucherinnen und Besuchern zu hören ist. Dabei ist der Avenio mit 3,60 Metern sogar ein paar Zentimeter niedriger als die ebenfalls großen GT8N-1.

Aber auch der erste Blick in den Innenraum weckt Interesse. Vor allem der Materialmix bei den Sitzen. »Gibt es tatsächlich Holzsitze?«, lautet hier die häufigste Frage. Tatsächlich werden Bremens neue Bahnen mit Polster und mit Holzsitzen ausgestattet. Jeweils vier Sitze in jedem der vier Wagenteile werden nicht gepolstert, sondern aus Holz gefertigt. Die BSAG entspricht damit einem Materialwunsch, den Fahrgäste immer wieder geäußert hatten. Die übrigen Sitze werden auch künftig gepolstert sein – in Rot und Grau.

Ebenfalls neu sind die Fahrgastmonitore. Auch hiervon gibt es vier Stück, einen je Wagenkasten. Sie zeigen – wie schon im Versuchseinsatz in der Bahn 3119 – unter anderem Infos zu den Haltestellen und zu den Anschlüssen. Praktisch und neu sind auch die breiten Gänge und die neuen Mehrzweckflächen. Insgesamt neun davon gibt es, wobei zwei in erster Linie für Rollstuhlfahrende vorgesehen sind.

Auch kleine Details lassen sich am Holzmodell bereits testen – wie beispielsweise die zusätzliche Außenkamera an der ersten Tür. Sie sorgt für einen besseren Blick nach vorn, zum Beispiel auf parkende Autos im engen Ostertor.

Beteiligung bei der Gestaltung

An der Gestaltung des Avenio beteiligten sich nicht nur Mitarbeitende der BSAG. So waren auch Vertreterinnen und Vertreter der Behindertenverbände als Fachleute für Barrierefreiheit vor Ort. Ein Wunsch ihrerseits: die Entfernung von zwei Klappsitzen gegenüber von Tür 2. Dort, wo künftig der Hublift montiert ist, können Rollstuhlfahrende dann direkt gradeaus und ohne Rangieren einparken.

»Das Modell entspricht genau unseren Wünschen und macht für jede und jeden erlebbar, wie die moderne und komfortable Straßenbahn für die Hansestadt aussehen wird«, sagt BSAG-Vorstandssprecher Hajo Müller. Besonders die Ansprüche von Menschen mit Behinderungen und Mobilitätseinschränkungen wurden bei der Gestaltung der neuen Bremer Straßenbahn berücksichtigt. »Dank der zahlreichen Mehrzweckflächen können Fahrgäste mit einem Rollstuhl oder einem Rollator noch einfacher als bislang unsere Straßenbahnen nutzen«

Auch der Fahrerarbeitsplatz wurde in den vergangenen Wochen von den Mitarbeitenden kritisch unter die Lupe genommen. »Es ist uns gelungen, einen modernen, übersichtlichen, gut strukturierten Arbeitsplatz für unsere Fahrerinnen und Fahrer zu gestalten«, freut sich Arbeitsdirektor und Personalvorstand Michael Hünig. So erhalte die BSAG nicht nur ein zukunftsweisendes, wartungsarmes und langlebiges Fahrzeug, sondern eines, bei dem die neuesten Erkenntnisse der Ergonomie umgesetzt worden sind.

9 Kommentare

  1. Paul Zimmermann 5 Jahren vor

    Ich näherte ich skeptisch zu dem Artikel oder es ist nicht meine Branche, zu viel Zeit ich habe.
    Und genau diese Dilemmas bedeutete, dass ich die ersten beiden Sätze gelesen haben und zog mich so, dass nicht mehr zerrissen und nicht
    versuchen, wenn es funktioniert. Ich empfehle Ihnen, den Artikel zu Ende lesen und
    Sie werden sehen, wie einfach es ist.

  2. Peter 7 Jahren vor

    (Jeweils vier Sitze in jedem der vier Wagenteile werden nicht gepolstert, sondern aus Holz gefertigt. Die BSAG entspricht damit einem Materialwunsch, den Fahrgäste immer wieder geäußert hatten.)

    Das kann ich jetzt wirklich nicht glauben, es ist wohl mehr die Kosteneinsparung, Holzsitze sind billiger. Hoffentlich kommt da eine Reduzierung der Fahrpreise, Kostenersparnis durch weniger Komfort.

    • Autor
      Andreas Holling 7 Jahren vor

      Hallo Peter,

      mit Kosteneinsparungen hat das wenig zu tun. Zwar haben auch Straßenbahnen – ähnlich wie Autos – aufpreispflichtige Extras. Stoffsitze gehören allerdings nicht dazu 🙂

      Viele Grüße

      Andreas Holling

  3. Reh 7 Jahren vor

    Also das Design gefällt mir. Auch das die neuen Sitzbezüge jetzt rot sind. Haben sich so viele an dem blauen Design satt gesehen :D?
    Zu den Nutzungsflächen: heißt das, das vor jeder Tür eine Fläche sein wird? Also werden die Trams mit 9 Türen bestellt?
    Was m. E. unbedingt Pflicht ist, sind Steckdosen an den Plätzen.
    Werden bei den Monitoren in Zukunft aich die Zeiten bspw. Von der Regio-SBahn angezeigt werden?
    Sind die Züge eigentlich auch koppelnar, also für Zweifachtraktionen befahrbar?
    Lg u. schöne Feiertage

    • Autor
      Andreas Holling 7 Jahren vor

      Hallo!

      es freut mich, dass Ihnen das Design gefällt. Unsere neuen Bahnen werden auf jeden Fall einen interessanten und abwechslungsreichen Innenraum erhalten – inklusive neuer Farben und Materialien. Jeweils eine Nutzungsfläche befindet sich gegenüber der ersten fünf Türen. Nur an Tür sechs wird es keine geben. Hinzu kommen weitere Flächen im Fahrzeug, von denen eine zusätzlich als Rollstuhl-Stellplatz ausgerüstet ist. Die Monitore in jedem Fahrzeugteil werden nach derzeitigem Stand die gleichen Informationen zeigen, wie die Monitore in unserer „Musterbahn“ Nummer 3119 – also die Umstiege zu den anderen Linien der BSAG.

      Viele Grüße
      Andreas Holling

  4. Marcus - André Schlichting 7 Jahren vor

    Hallo Herr Holling.
    Die Zahl der Mehrzweckflächen scheint dezent übertrieben. Selbst in einem GT8N-1 mit bereits sechs Flächen kommt es kaum vor, dass alle belegt sind. Zudem verringert man dadurch massiv die Zahl der Sitzplätze. Es sind ja bereits jetzt 32 Sitzplätze nicht barrierefrei, was dann ja fast 50% der festen Plätze ausmacht und dann sind auch noch 16 Sitze im barrierefreien Bereich aus Holz, was ein Rückschritt in die 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bedeutet. Eine GT8N mit fast 15m² weniger Nutzfläche hat mehr Sitzplätze, als die GT8N-2.
    Die GT8N-1 bietet trotzt sechs Mehrzweckflächen immerhin 96 reguläre Sitzplätze. Ich hatte mich ursprünglich auf die neuen Avenios gefreut, aber das kann es doch echt nicht sein.

    Mit freundlichen Grüßen
    Marcus – André Schlichting

    • Autor
      Andreas Holling 7 Jahren vor

      Hallo Herr Schlichting,

      zunächst ein dickes Kompliment: es ist toll, wie sehr sich Fahrgäste und interessierte Bremerinnen und Bremer mit unserem neuen Fahrzeug befassen. Ihre Informationen zum neuen Avenio sind allerdings leider nicht ganz zutreffend, aber vielleicht kann ich zur Aufklärung beitragen.

      Die neue Bahn für Bremen hat nicht weniger Sitzplätze als unsere alten Bahnen vom Typ GT8N. Das wäre auch erstaunlich, schließlich ist das Fahrzeug deutlich breiter als die 20 Jahre alten Bahnen. Im Gegensatz zum GT8N hat der Avenio aber in der Tat mehr Klappsitze. Grund dafür sind die Mehrzweckflächen, deren Zahl und Anordnung gegenüber der Türen auf die Bedürfnisse unserer Fahrgäste und unseren Erfahrungen der vergangenen Jahre zurückgeht. Wir erleben beispielsweise, dass die Mitnahme von Rollatoren ebenso zunimmt, wie die von Kinderwägen und Fahrrädern. Mit Blick auf die Zukunft und auf die Laufzeit der Bahnen bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts erhalten die neuen Bahnen daher eine – aus unserer Sicht – zukunftsfähige Raumaufteilung.

      Leider sind auch ihre Informationen „fast 50% der festen Plätze“ seien nicht barrierefrei nicht vollständig. Die neuen Avenio haben je Wagenteil acht Plätze, die über den Fahrwerken und damit erhöht liegen. Diese Plätze sind nur über eine kleine Stufe zu erreichen. Dies ist konstruktionsbedingt nicht anders zu lösen. Dennoch verfügt jeder Wagenteil über mehr „stufenlose“ Sitzplätze als welche mit Stufen.

      Dass Sie in den Holzsitzen einen „Rückschritt in die 60er Jahre“ sehen ist bedauerlich. Unsere Fahrgäste haben dies bislang in den Rückmeldungen anders gesehen. Ich bin daher überzeugt, dass die Holzsitze in den neuen Bahnen gut angenommen werden und hoffe, dass auch Sie damit bequem an ihr Ziel kommen werden.

      Ich wünsche Ihnen schöne Festtage!

      Andreas Holling

      • Arfi 7 Jahren vor

        Hallo Herr Holling,

        laut dem was veröffentlich wurde, sollen die GT8N-2 folgendermaßen eingerichtet werden:
        • Wagenteil 1 = 16 Sitze / 7 Klappsitze
        • Wagenteil 2 = 16 Sitze / 9 Klappsitze
        • Wagenteil 3 = 16 Sitze / 12 Klappsitze
        • Wagenteil 4 = 22 Sitze / 3 Klappsitze
        • Gesamt 9 Merzweckplätze

        Sollte es wirklich so kommen, hat der Herr Schlichting recht. Ich weiß, dass die BSAG gerne Klappsitze als vollwertige Sitze ansieht, aber Klappsitze sind keine vollwertigen Sitze. Denn Klappsitze haben keine ergonomische Rückenlehne, für lange Fahrten ungeeignet und man muss diese verlassen wenn ein Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen kommt. Es stehen also nur 70 feste Sitzplätze zur Verfügung, also weniger als in einem GT8N! Davon sollen auch noch 16 aus Holz sein. Auch Holzsitze sind für lange Fahrten nicht geeignet, die sind hart und unbequem. Auch hier können gesundheitliche Einschränkungen die Fahrt zur Qual werden lassen.

        Wie Herr Schlichting schon schrieb, in einem GT8N-1 sind 6 Mehrzweckflächen, auch ich habe noch nie gesehen dass alle auf einmal belegt waren, somit völlig ausreichend. Würde man beim Avenio mit 6 Türen nur 7 Mehrzweckflächen mit Klappsitzen einbauen, würde man über 80 Sitzplätze einbauen können, auch hätte man noch genügend Platz für Rollatoren.

        Gruß
        Arfi

        • Autor
          Andreas Holling 7 Jahren vor

          Sehr geehrter Arfi,

          zunächst einmal, danke für die Geduld. Zunächst möchte ich mich für ihre umfangreichen Anmerkungen bedanken. Die von ihnen genannten Zahlen sind nicht ganz, aber doch weitestgehend korrekt. In eine umfassende Diskussion über die Vor- und Nachteile von Klappsitzen einzusteigen, scheint mir zu diesem Zeitpunkt jedoch müßig. Deren Komfort und Nutzen – wie auch der eines Holzsitzes – wurde beim „Probesitzen“ unterschiedlicher Personengruppen aber durchaus positiv bewertet.

          Im Kern allerdings resultiert die Zahl an Klappsitzen aus der Zahl an Mehrzweckflächen. So befinden sich nahezu alle Klappsitze gegenüber der Türen. Also dort, wo Fahrgäste mit Kinderwagen, Rollator, Fahrrad, Reisegepäck et cetera einsteigen. Die Ausnahme sind Klappsitze im zweiten Wagenteil. Sie befinden sich dort aber unter anderem, weil es sich im einen zusätzlichen, zweiten Rollstuhlplatz handelt. Ob die Zahl der Mehrzweckflächen angesichts des demographischen Wandels in der Bremer Bevölkerung zu groß gewählt ist, wird die Zeit zeigen. Aus unserer Sicht kommen wir damit den heutigen und künftigen Anforderungen unserer Fahrgäste entgegen.

          Viele Grüße und einen guten Start ins Jahr 2018!
          Andreas Holling

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