Der 31. März 2020 ist ein ganz besonderer Tag für die Bremer Straßenbahn AG. Das erste Fahrzeug der neuen Straßenbahnflotte für die Hansestadt hat das Betriebsgelände der BSAG am Flughafendamm erreicht.
Seit Freitag war der Schwertransporter auf österreichischen, tschechischen und deutschen Straßen unterwegs. 1.100 Kilometer hat das Spezialfahrzeug mit eingelassenen Schienen in den vergangenen Tagen zurückgelegt – mit Bremens neuer Straßenbahn auf der Ladefläche. Ausschließlich nachts durfte sich der Tieflader, der am Siemens-Werk in Wien gestartet war, Richtung Hansestadt vorarbeiten und musste sich in Bayern durch Schnee und über glatte Straßen kämpfen.
»Nordlicht« rollt rückwärts von der Ladefläche
Am Ende bog der rund 50 Meter lange Transporter sogar früher als geplant auf das Betriebsgelände. Um 3.18 Uhr passierte er die BSAG-Pforte. Dann hieß es erstmal: warten. Schwerlasttransporte werden grundsätzlich nur bei Tageslicht abgeladen, damit eventuelle Transportschäden sofort ins Auge fallen.
Um kurz nach 7 Uhr ist es dann endlich so weit. Berufskraftfahrer Uwe Bertram, der das fast 36 Meter lange Schienenfahrzeug auf seinem 50 Meter langen Schwertransporter sicher von Wien nach Bremen gefahren hat, lässt die Straßenbahn langsam von seinem Tieflader gleiten. Dafür hat er eine Rampe angebaut, die als Verbindungsstück zwischen Tieflader und BSAG-Betriebsgleis dient. Zwei Prozent Steigung reichen aus, damit die Straßenbahn ganz langsam rückwärts hinunter rollt. Schließlich berühren ihre Räder zum ersten Mal Bremer Gleise. Gesichert ist sie dabei von einer Winde. »Die einzige Gefahr ist, dass die Rampe verrutscht«, sagt Betram. Die Wahrscheinlichkeit ist in Bremen gering. Schließlich rollt das Fahrzeug auf festverlegte Schienen und nicht auf Behelfsgleise. So dauert es nur wenige Minuten, bis Bremens neue Straßenbahn geschmeidig vom Tieflader gerollt ist.
Wegen Corona: Nur kleines Empfangskomitee
Normalerweise begleiten immer viele Menschen die Anlieferung des ersten Fahrzeugs einer neuen Straßenbahnreihe. Presse, Mitarbeitende und zahlreiche Bahnfans lassen sich so ein Ereignis eigentlich nicht entgehen. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise galt es aber dieses Mal, eine große Menschenansammlung zu vermeiden. Deshalb fiel das Empfangskomitee für das erste »Nordlicht«, wie die BSAG die Straßenbahn vom Typ Avenio getauft hat, deutlich kleiner aus als sonst. Nur die wichtigsten Beteiligten waren vor Ort.
Insgesamt 77 Fahrzeuge wird Siemens bis 2023 an die Weser liefern. Sie ersetzen die inzwischen mehr als 20 Jahre alten Wagen vom Typ GT8N, die ihre Maximallaufleistung erreicht haben. »Sie sind in einem so schlechten Zustand, dass sie nicht mehr veräußerbar sind und der Verschrottung zugeführt werden«, sagt Hajo Müller, Vorstandssprecher der Bremer Straßenbahn AG, der das Abladen gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Michael Hünig begleitet hat.
Mehr Platz, Klimaanlage und neueste Technik im »Nordlicht«
Quasi im Austausch kommen die »Nordlichter« an die Weser. »Diese Bahn kann eine ganze Menge mehr«, so Müller. »Was den Komfort betrifft, bemerken Fahrgäste mit Sicherheit eine deutliche Verbresserung.« Schließlich sind die Fahrzeuge nicht nur 35 Zentimeter breiter als die jetzt ausgemusterten Vorläuferinnen, sondern unter anderem auch voll klimatisiert, mit modernem Fahrgastinformationssystem ausgestattet und vor allen Dingen geräumiger. An mehreren Stellen erlauben Multifunktionsflächen eine bedarfsgerechte Nutzung. Sie bieten einerseits mehr Platz für Rollstühle und Kinderwagen, können dank der verbauten Klappsitze aber auch als Sitzbereich genutzt werden. Eines der auffälligsten Merkmale der neuen Straßenbahn: Sie hat teilweise Holzsitze, die wegen ihrer leichten Abwischbarkeit als besonders hygienisch gelten. »Wir sind gespannt auf die Resonanz der Fahrgäste«, sagt Müller.
»Nordlicht«-Nummer 3202 kommt als erstes nach Bremen
Als erstes Fahrzeug hat die Straßenbahn mit der Nummer 3202 Bremen erreicht – wie die Nummer verrät, ist das die zweite Bahn, die im Siemens-Werk in Wien gebaut wurde. Die Bahn mit der Nummer 3201 wird bereits getestet, allerdings nicht in Bremen, sondern auf einer speziellen Teststrecke im nordrhein-westfälischen Wildenrath. »Es gibt aber Tests, die nur in Bremen durchgeführt werden können und die wir jetzt mit diesem Fahrzeug machen«, erklärt Betriebsleiter Matthias Zimmermann. Dazu gehört unter anderem die Prüfung des Lichtraumprofils, bei dem getestet wird, ob das »Nordlicht« durch alle Teile des Streckennetzes und vor allen Dingen durch alle Haltestellenbereiche kommt. Natürlich sind alle diese Eigenschaften im Vorfeld berechnet worden, trotzdem muss der praktische Nachweis noch erbracht werden.
Jetzt müssen zahlreiche Tests gemacht werden
Weil noch zahlreiche Tests bevorstehen, dauert es noch eine Weile, bis zum ersten Mal ein »Nordlicht« im Streckennetz zu sehen sein ist. Voraussichtlich Mitte April wird das Fahrzeug, das gerade noch in Wildenrath ist, seine ersten Testfahrten – dann noch ohne Fahrgäste – in Bremen machen. Die ersten Fahrzeuge werden einer ganz genauen Prüfung, dem sogenannten Typentest, unterzogen. Die später gelieferten, aber baugleichen Fahrzeuge müssen sich dann nur noch einer Serienabnahme stellen. Die ersten Linieneinsätze mit Fahrgästen an Bord sind noch für diesen Sommer geplant. Seine Premierenfahrt macht das »Nordlicht« voraussichtlich auf einer der Linien, die von den Fahrzeugen bedient werden, die ihr Quartier am BSAG-Zentrum in der Neustadt haben. Voraussichtlich fährt die neue Straßenbahn also auf einer der Linien 1, 4 oder 6.
Bahn macht einen »super-ansprechenden Eindruck«
Zwei besondere Gäste haben das »Nordlicht« bereits begrüßt: Dr. Maike Schaefer, Senatorin für Klima, Umwelt, Mobilität und Stadtentwicklung, sowie Finanzsenator Dietmar Strehl. Schaefer lobte den »super-ansprechenden Eindruck« der neuen Straßenbahn. »Wir wollen viel für den Klimaschutz tun, dazu gehört auch der ÖPNV«, betonte sie. Sie ist überzeugt, dass die neuen Bahnen den Nahverkehr in Bremen attraktiver machen und die Menschen in der Stadt bewegt, die Straßenbahn noch intensiver zu nutzen.
13 Kommentare
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Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie Schwerlasttransporte ablaufen. Ich denke, dass in vielen Fällen auch eine Transportbegleitung dabei ist. Denn bei dem Transport eines 50 Meter Zugs kann man schon auch mal den Überblick verlieren.
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Es ist wirklich beeindruckend, wie diese ganze Logistik funktioniert und auch funktionieren muss. Der Transport muss ja auch immer begleitet werden. Ich wusste allerdings bisher nicht, dass Schwertransporte nur bei Tageslicht abgeladen werden, um eventuelle Transportschäden feststellen zu können.
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Interessant, dass auch politische Vertreter aus Umwelt und Finanzen dabei wahren, um die Einweihung des Schwerlasttransporters zu zelebrieren. Ich bin ein großer Unterstützer von öffentlichen Verkehrsmitteln, denn ich glaube sie bringen viele Vorteile mit sich. Nordlicht bringt der Stadt große Einnahmen und führt zu einer Auslastung des Straßenverkehrs.
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Gut zu wissen, dass Schwerlasttransporte grundsätzlich nur bei Tageslicht abgeladen werden, damit eventuelle Transportschäden sofort ins Auge fallen. Mein Onkel möchte derzeit ein Schwertransportunternehmen mit der Beförderung mehrerer Autos ins Ausland beauftragen. Er möchte die Autos seinen Freunden schicken. Auf der Suche nach weiteren Infos bin ich auf die Webseite gestoßen.
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Die neue Bahn macht einen guten Eindruck 🙂 Ich frage mich nur, warum die Bahnen im gesamten Bereich unter den Fenstern grau lackiert sind. Das Grau hat ja nun wirklich nichts mit den Bremer Farben zu tun.
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wenn alle Bahnen so foliert werden wir aktuell auf der Startseite der BSAG, dann ist das optisch gelungen, hier hat man auf dem grau in weiß die Skyline von Bremen wiedergespiegelt.
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Hallo Enrico,
unsere neuen Straßenbahnen werden tatsächlich grau und mit dem typischen roten Kopf angeliefert. Die meisten Nordlichter werden später aber Werbung tragen und damit wird die graue Farbe nicht mehr zu sehen sein.
Die Skyline auf dem Startseiten-Bild hat übrigens nur die Bahn mit der Nummer 3201 – also unsere erste gebaute neue Bahn. Als erstes nach Bremen kam der Wagen mit der Nummer 3202 und der hat keine Skyline.
Viele Grüße
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Hallo Axel,
uns gefällt die neue Bahn auch gut 🙂 Und es stimmt natürlich: die Bremer Farben sind und bleiben natürlich grün-weiß. Das angesprochene weiß-silber-grau entspricht allerdings unserer aktuellen BSAG-Farbwelt, wie man beispielweise beim Elektrobus auch sehen konnte. Da die meisten Nordlichter später aber Werbung tragen werden wird die graue Farbe nicht mehr zu sehen sein.
Viele Grüße
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Zwischen Tür und Gelenk scheint mir der Haltestangenabstand sehr weit zu sein – beim plötzlichen Bremsen ein Problem für gangunsichere Menschen.
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soweit, sogut..
nur hätte das mit den holzsitzen bei den 4er sitzen mehr sinn gemacht, anstatt die stoffbezüge, die ja leider auch nicht mehr das bremer muster, also unsere individualität haben, dort komplett bis zur kante zu ziehen, da leider sehr viele die fahrzeuge nicht zu schätzen wissen und immer ihre schmutzigen schuhe auf die sitze, mindestens aber auf die sitzkanten stellen. viel zu schade bei unserer gesellschaft, überhaupt noch sitzbezüge zu verwenden.. zudem finde ich persönlich die teils nur halben windschutzscheiben vor den sitzen an den türen wenig ideal, da man dort sofort extrem im windzug sitzt, besonders bei kälte, zumal die einstiegsbereiche ja jetzt auch noch breiter sind.. naja, ansonsten warte ich mal ab . aber schön finde ich die vielen mehrzweckbereiche und natürlich, das sie nun auch breiter sind 🙂 . und den rest kann man ja eh erst beurteilen, wenn man wirklich mitfahren darf, es wird schon alles gut werden.. 🙂 ich wünsche einen guten start und störungsfreie oder wenigstens störungsarme langlebigkeit und allen fahrer*innen dann eine dauerhaft gute und angenehme fahrt mit den nordlichtern 🙂 -
Seit wann haben die Bahnen ein Doppeldrehgestell, und das auch noch direkt unter dem Gelenk?
Doppelgelenk wäre das richtige Wort gewesen.-
Autor
Hallo Ulric,
völlig richtig – habe ich korrigiert. Danke für den Hinweis!
Viele Grüße
Sonja Niemann
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Die Frontzielanzeige wird auch im kleiner -,-