Die BSAG-Tour war zu Gast in Findorff. Rund um das Jan-Reiners-Center haben wir mit jungen und alten Menschen aus dem Stadtteil über die Mobilität von heute und morgen diskutiert. Wieder einmal wurde uns dabei deutlich: Jeder Bremer Stadtteil tickt auf seine Weise.
Obwohl unser BSAG-Mobil mitten auf einem Parkplatz steht und regelmäßig Autos vorbeifahren, scheinen in Findorff andere Verkehrsteilnehmer in der Überzahl zu sein: Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer. Gleich morgens kommen wir mit einem jungen Lehrer ins Gespräch. Er fährt mit einem ungewöhnlichen Rad vor. Das sportliche Gefährt hat eine respektable Ladefläche vor dem Lenker. Darauf hat er ein großes Paket verzurrt. »Das ist Honig«, erzählt uns der Hobby-Imker. Ihn will er gerade zur Post bringen.
Mehr Sicherheit für Fahrradfahrer
Wie er erzählen uns an diesem Tag viele, dass sie gern mit dem Rad unterwegs sind. Kein Wunder: Findorff hat eine besonders zentrale Lage – und mit dem Bürgerpark auch noch die ideale Szenerie für eine Fahrradtour vor der Haustür. Das heißt aber nicht, dass es vor Ort keine Verkehrsprobleme gibt.
Unsere Zeichnerin Johanna Benz hält auf ihrem Findorff-Stadtteil-Bild fest, dass es Menschen gibt, die sich eine bessere Ampelschaltung für Fahrradfahrer im Stadtteil wünschen würden. Und auch Radwege mit Sicherheitsabstand zum Autoverkehr stehen auf der Wunschliste.
Fremdparker zur Freimarktszeit
Obwohl in Findorff viele Fahrrad-Fans leben, gibt es aber auch eine Menge Autos. Sie gehören nicht immer zwangsläufig auch den Bewohnerinnen und Bewohnern des Stadtteils. Gerade, wenn Freimarkt ist, belagern viele »Fremdparker« den Stadtteil. »Da muss man die Findorffer für ihre Geduld loben. Einige benutzen tagelang ihr Auto nicht, weil sie sonst während dieser Zeit nie wieder einen Parkplatz finden würden«, erzählt uns Birgit Busch vom Bürgerverein Findorff.
Aber auch außerhalb der Ausnahmesituation Freimarkt hat Findorff den Ruf eines Stadtteils mit Parkproblem. Die längste Strecke, die ein Besucher an unserem Stand vom Parkplatz nach Hause zurücklegen musste, war rund 500 Meter lang, erzählt er uns.
Fahrradführerschein für Kinder
Kontaktpolizist Peter Kruth kennt die Sorgen und Nöte aller Verkehrsteilnehmenden in Findorff. Wenn er mit dem Dienstrad und der entsprechend sportlichen Spezial-Dienstkleidung unterwegs ist, wird er manchmal nicht auf Anhieb erkannt. Lachend erzählt er uns von zwei Radfahrern, denen das Handy beim Fahren vor Schreck aus der Hand fiel, als Kruth sie mit seinem Dienstrad einholte und anhielt.
Damit möglichst wenige Fahrradfahrerinnen und -fahrer überhaupt solche Verstöße begehen, ist Kruth auch regelmäßig in den Grundschulen unterwegs und macht zusammen mit den Kindern den Fahrradführerschein.
Straßenbahn in Findorff?
Die wichtigsten Nahverkehrslinien in Findorff sind die Buslinien 25, 26/27 und 28. Eine Straßenbahn gibt es schon seit über 50 Jahren nicht mehr. 1967 fuhr die damalige Linie 6 ihre Abschiedsrunde. Trotzdem gibt es auch heute noch Menschen, die sich ein Come-Back wünschen. Eine Findorfferin beneidet ihre Freundin in Schwachhausen über die schnelle Straßenbahn, die diese vor der Tür hat.
Andere Menschen im Stadtteil können sich eine Straßenbahn hingegen überhaupt nicht mehr vorstellen. Ein Gast am BSAG-Infomobil wünscht sich stattdessen E-Busse in Findorff.
»Findorff ist von der Innenstadt abgehängt«, findet eine Besucherin. Zwar fahre die Linie 26/27 bis zum Brill, aber wenn sie zum Beispiel zum Konzert in die Glocke will, müsse sie am Hauptbahnhof umsteigen. »Und da muss man dann warten, weil die Anschlüsse nicht funktionieren«, klagt sie. Die Haltestelle der Linie 25, die direkt zur Domsheide fährt, sei hingegen zu weit von ihrem Wohnort entfernt.
Idee: Schlecht-Wetter-Ticket
Deshalb ist auch diese Findorfferin oft mit dem Rad unterwegs. Sie macht einen Vorschlag, der für Schön-Wetter-Radler interessant sein könnte. Ein Winter-Ticket, das nur in den kälteren Monaten mit schlechtem Wetter gilt, sei doch eine gute Idee, sagt sie. Im Sommer nutzt sie selbst kaum die öffentlichen Verkehrsmittel. Im Winter kauft sie einzelne Monatstickets. Eine MIA (Monatskarte im Abo, das für ein ganzes Jahr abgeschlossen wird) lohne sich für sie nicht.
Aber bei aller Kritik hören wir auf der BSAG-Tour immer wieder auch nette Worte. »Dickes Lob – Ich habe schon in vielen Städten gelebt, aber so umsichtige und zuvorkommende Busfahrer gibt es nur in Bremen«, lässt sich Zeichnerin Johanna Benz auf ihr Stadtteil-Bild diktieren.
Zusätzliches Personal für mehr Sicherheit in Bus und Bahn
Ganz ohne Auto geht es für die meisten Findorfferinnen und Findorffer am Ende aber doch nicht. Spätestens, wenn Kinder in verschiedene Kindergärten und Schulen gebracht werden müssen, funktioniert das für viele am bequemsten mit dem eigenen Pkw. Aber auch zur Arbeit nach Findorff pendelt sie im Moment noch mit dem Auto. »Ich müsste in Arsten ein ganzes Stück zur Straßenbahn laufen und der Bus fährt einen großen Umweg«, erklärt sie.
Mit ihr unterhalten wir uns auch über das Thema Sicherheit. Die junge Frau hat selbst mit Anfang 20 einmal erlebt, dass ein anderer, vermutlich alkoholisierter Fahrgast ein Messer zückte. Auch wenn der Mann irgendwann einfach ausstieg, ohne jemanden konkret bedroht zu haben, habe ihr allein die Anwesenheit des Fahrers schon Sicherheit vermittelt. Autonome Fahrzeuge ohne Menschen am Steuer kann sie sich deshalb nur schwer vorstellen.
»Meine Kinder sind jetzt 8 und 11 Jahre alt. Wenn sie in ein paar Jahren auch nachts alleine unterwegs sind, wäre mir sehr viel wohler, wenn Personal an Bord ist«, sagt sie. Und den Wunsch nach mehr Fahrgastbegleitung hören wir an diesem Tag auch von anderen.
Nächster Halt der BSAG-Tour: Blumenthal
Während viele noch skeptisch im Bezug aufs autonome Fahren sind, zeigen sich die meisten aufgeschlossen gegenüber Elektromobilität. Sie steht beim nächsten Halt der BSAG-Tour im Mittelpunkt. Am Samstag, 15. September, sind wir von 10 bis 18 Uhr, beim E-Day auf dem Gelände der Bremer Woll-Kämmerei in Blumenthal. Besuchen Sie uns dort gern!
Falls Sie nicht vor Ort dabei sein können, freuen wir uns auch hier im Blog über Ihre Kommentare zum Thema Mobilität der Zukunft. Gern können Sie auch den Fragebogen ausfüllen, mit dem wir in den Stadtteilen unterwegs sind. Schicken Sie uns Ihren Fragebogen einfach an blog@bsag.de
2 Kommentare
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Dummerweise liegt die Arztpraxis, die ich aufsuchen kann ( Arztsuche in Bremen? Ein Alptraum!) in Findorff. Ergebnislose Suche nach Öffis, wenn man im Bereich „ Radio Bremen“ zu Hause ist…
Mit 76 Jahren und nicht mehr so gut zu Fuss wie noch vor 5 Jahren, sehe ich mich vor einem längeren Fußweg. Mag es heute gehen, es friert nich nicht, wird es bei Frost gefährlich, auch wenn ich eh zum Orthopäden muss…Leider reichen kleinere Renten nicht, wenn solche Arztbesuche öfter stattfinden und nur nich per Taxe erreichbar sind.
Ich bereue die rasche Aufgabe meines PKWs, denn mein Natur-und Klimaverständnis haben mich glauben lassen, dass man in Bremen ohne das geliebte Auto zurecht kommz. -
Genau genommen bekommen wir in Findorff im nächsten Jahr die neue Straßenbahn Line 5 an der Holleralle /Bürgerpark !
Das weiterführen zur Eickedorfer Straße die ehemalige Straßenbahnstrecke dürfte kein Problem darstellen der Streckenkörper ist das Grünstreifen noch vorhanden und Am Utbremerring ist auch sehr viel Platz dort führen bis vor kurzen noch einige Busse wie Line 25 / 26 der aufwand dürfte sich in grenzen halten aber Straßenbahnen sind bei der BSAG ja ehr mangelware bzw. mängelware.