Urbane Mobilität

Carsharing – Hansestadt will Vorreiterin für neue Mobilitätsansätze sein

Von in Urbane Mobilität

In Bremen einen Parkplatz für sein Auto zu finden, ist in manchen Stadtteilen schon heute nicht einfach. Neue, große Bauvorhaben erhöhen den Parkdruck zusätzlich. Abhilfe soll hier das sogenannte Stellplatzortsgesetz schaffen. Mit diesem steht eine Förderung alternativer Mobilitätsangebote in der Hansestadt im Fokus. Bis zum Jahr 2020 wollte Bremen 6.000 private Pkw durch Carsharing von der Straße holen. Das ist ein politisches Ziel, das mit rund 6.500 Pkw sogar noch etwas übertroffen wurde. Und noch eine Zahl stimmt positiv: Im Mai dieses Jahres konnten erstmals 20.000 Carsharing-Nutzer:innen vermeldet werden – das erklärte Mindestziel im Verkehrsentwicklungsplan 2025 der Hansestadt.

Carsharing ersetzt in Bremen 16 private Autos

Rebecca Karbaumer dürften diese Zahlen gefallen. Die Referentin für Nachhaltige Mobilität bei der Bremer Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau ist Ansprechpartnerin für Investoren mit Bauabsichten. Sie sagt: »Die Bremer Bauordnung schafft von vornherein Anreize für die Integration von Mobilitätsangeboten bei neuen Baukonzepten.«

Wie wichtig Carsharing bei diesen Angeboten ist, zeigt eine einfache Rechnung. Aktuell ersetzt ein Carsharing-Pkw rund 16 private Autos auf Bremens Straßen. Insgesamt 500 Carsharing-Fahrzeuge stehen an über 128 Stationen zur Verfügung. Hinzu kämen 80 stationsungebundene Fahrzeuge, erklärt die Senatsbehörde. Die internationale Carsharing Association CSA nennt Bremen seit 2020 sogar als eine der zehn besten Carsharing-Städte der Welt.

Der weitere Ausbau gemeinschaftlich genutzter Automobile soll in der Wesermetropole unter anderem bei neuen sogenannten »Mix-used-Projekten« wie der Umnutzung des städtebaulichen Sahnestücks Überseeinsel gelingen. Gemeint ist das ehemalige Industrieareal von Kellogg’s mit seiner einstigen Frühstücksflockenproduktion. Heute plant der private Investor Klaus Meier mit der Stadt im Schulterschluss ein Quartier mit einem Mix aus Wohnen, Arbeiten und Freizeit in Bestlage. Dies ist auch an Familien adressiert und soll bezahlbar bleiben.

Meier ist von Hause aus Windenergiemanager. Er hat das Thema »Energie und Mobilität« im Fokus und plant die Einbindung des öffentlichen Personennahverkehrs ebenso mit ein wie die Fahrrad- und Fußgängertauglichkeit des Quartiers.

Wertsteigernde Wirkung

Eine Weitsicht, die nicht immer vorhanden ist. So gibt Karbaumer zu bedenken, dass das »alte Thema« der kommunalen Stellplatzsatzungen bei einigen Bauherren bis dato immer noch nicht so geläufig sei. Der Beratungsbedarf sei daher weiter hoch. Manchmal werde schlicht die Ablösesumme für Stellplätze gezahlt, anstatt sich mit dem Thema Carsharing und dessen Nutzen zum Beispiel für neue Wohnquartiere zu befassen. Die Nachfrage steige, aber insgesamt noch zu langsam, gibt Karbaumer zu. Dabei könne die Investition in ein Mobilitätskonzept eine wertsteigernde Maßnahme sein, die den Mieter:innen und Eigentümer:innen der Immobilie direkt zugutekomme.

Neuregelung bis Sommer 2022

Ein Feintuning und eine Optimierung der Bremer Stellplatzsatzung im Rahmen einer Gesetzesnovellierung erfolgt bis zum Sommer 2022 – so der Plan. Damit soll das Mobilitätsmanagement laut Rebecca Karbaumer statt bisher freiwillig nun verpflichtend werden. Jedoch solle das »Freikaufen« der Investoren durch die Bezahlung einer kompletten Stellplatzablösesumme weiter möglich sein. Darüber hinaus gibt es eine Neudefinition der Innenstadtzonen für autoarme beziehungsweise autofreie Zonen. Das übergeordnete Ziel ist dabei immer: deutlich weniger Autos in der City. »Eine frühzeitige und gemeinsame, integrierte Planung von Wohnungsbauunternehmen, Investoren, Kommunen, der Stadt- und Verkehrsplanung ist die Basis für eine erfolgreiche Umsetzung und Implementierung eines übergreifenden Mobilitätskonzepts «, erklärt Karbaumer.

Leider fehle oft schlicht die Kenntnis über das bestehende Mobilitätskonzept der Hansestadt und die Möglichkeiten der Partizipation. Daraus folge auch die Erkenntnis, so Karbaumer, dass »clever kombinierte Mobilitätsangebote, die zu einer Reduzierung des Pkw-Besitzes führen – wie zum Beispiel Carsharing, ÖPNV-Angebote oder Lastenrad-Sharing – besser kommuniziert werden müssen«.

Ausbau von Carsharing

Doch die Zahlen weisen den Weg: Zu Beginn des Jahres 2009 gab es etwa 5.000 registrierte Carsharer:innen in Bremen. Heute sind es mittlerweile immerhin über 20.000. In einer früheren Bremer Befragung zu den Prioritäten aus Sicht der Carsharing-Kundschaft wird deutlich, dass eine unkomplizierte Buchung (»sehr wichtig«: 79 Prozent), die Verfügbarkeit der Fahrzeuge zum gewünschten Zeitpunkt (68 Prozent) und die Entfernung der nächsten Station (60 Prozent) von entscheidender Bedeutung sind.

Auch in den kommenden Jahren soll das Carsharing-Angebot an der Weser im Sinne der Befragung jährlich weiter steigen. Immerhin ist die Quote der Nutzer:innen in Bremen bereits vervierfacht. »Die Einbindung von Carsharing als Teil des Mobilitätsmanagements in Wohnungsbauvorhaben ist zudem angesichts der hohen Baukosten von Tiefgaragen und der monatlichen Kosten des Autobesitzes auch ein Beitrag zum kostengünstigen Wohnungsbau«, argumentiert Rebecca Karbaumer.

Autor: Hans-Jörg Werth
Bild: Cambio

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