Urbane Mobilität

Dicke Karre statt intelligenter Mobilität?

Von in Urbane Mobilität

Bis zur dringend benötigten Verkehrswende ist es noch ein weiter Weg. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Ausgabe der Studie »Mobilität in Deutschland«. Zum dritten Mal nach 2002 und 2008 wurden die Menschen in der Republik befragt, wie sie im Alltag unterwegs sind. Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) befragte das Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) dafür über ein Jahr lang bundesweit mehr als 316.000 Menschen.

Das Auto bleibt das »liebste Kind«

Wenig überraschend ist: Das Auto war und bleibt in Sachen Mobilität der Verkehrsträger Nummer eins. Auf einen Haushalt kommt rechnerisch mehr als ein Pkw – insgesamt gut 43 Millionen waren es zum Stichtag der Studie. Zunehmend beliebt sind vor allem dicke Karren. So hat sich der Anteil an SUVs, Geländewagen und Vans in den befragten Haushalten im Vergleich zu 2008 auf etwa 20 Prozent verdoppelt.

Spannend ist dabei übrigens: In sogenannten Metropolen haben überhaupt nur sechs von zehn Haushalten mindestens ein eigenes Auto, auf dem Land sind es fast neun von zehn. Am Carsharing liegt dies übrigens nicht – auch wenn in Großstädten mehr als jeder zehnte Haushalt über mindestens eine Mitgliedschaft verfügt. Denn tatsächlich nutzen Kundinnen und Kunden das Angebot offenbar kaum. In Zahlen: nur 6 Prozent aller Carsharing-Mitglieder nutzen das Mobilitätsangebot mindestens wöchentlich. 27 Prozent monatlich, 44 Prozent seltener und 22 Prozent nie. Die Umfrage kommt damit zu dem Ergebnis, dass geteilte Autos am ehesten »eine gelegentliche Option mit geringen Fahrleistungsanteilen« darstellen – also beispielsweise als Zweitwagen genutzt werden.

Mobilität auf zwei Rädern

Nicht nur in Großstädten ist hingegen das Fahrrad oft eine Alternative zum Pkw. Es steht nicht im Stau und ist günstig in der Anschaffung sowie im Unterhalt. Wie in den Jahren 2002 und 2008 geben drei von vier befragten Personen gegenüber dem infas an, zumindest über ein Fahrrad zu verfügen – manchmal sind es sogar mehrere. Insgesamt geht die Studie von bundesweit 72 Millionen Fahrrädern aus – seit 2002 ein Plus von rund fünf Millionen Drahteseln. Darunter sind übrigens mehr als vier Millionen sogenannte Pedelecs, also Räder mit Stromunterstützung.

Und der ÖPNV?

Im deutschlandweiten Vergleich der Mobilität stellt der Öffentliche Personennahverkehr (und -fernverkehr) den kleinsten Anteil der Wege. Nur rund zehn Prozent der fast 260 Millionen Wege pro Tag entfallen auf Busse, Bahnen, Züge und Taxen. Damit liegt der »Marktanteil« ähnlich hoch wie der des Fahrrads. Zwei Mal mehr Wege werden täglich zu Fuß zurückgelegt, fast sechs Mal mehr im Pkw. Entsprechend niedrig ist die ÖPNV-Resonanz bei den Befragten ab 14 Jahren. Nach ihren genutzten Tickets gefragt, geben ein Viertel an, Busse und Bahnen gar nicht zu nutzen. Rund die Hälfte entscheidet sich in der Regel für einen Einzelfahrschein und nur knapp über 20 Prozent geben an, eine Zeitkarte oder ein Abo zu besitzen. Dennoch sei der Trend positiv, heißt es in der Studie. Denn gegenüber 2008 habe sich der Nicht-Nutzenden-Anteil etwas verringert und der Anteil der Zeitkartenbesitzenden leicht erhöht.

Bremen und die »hanseatische Mobilität«

Eine Besonderheit der Studie ist ihre Regionalisierung. Auch wenn noch nicht alle Zahlen vorliegen, so gibt die Untersuchung immerhin Auskunft über die Hauptverkehrsmittel in den Regionen. Und da fällt auf: Bremen ist besonders. In keiner Region Deutschlands gibt es vergleichbar viele Radfahrerinnen und Radfahrer. Mit einem Anteil von 21 Prozent stellt die Hansestadt auch Stadtstaaten wie Berlin und Hamburg (jeweils 15 Prozent) in den Schatten. Genau umgekehrt ist es beim Öffentlichen Verkehr. Hier liegt Bremen mit 14 Prozent deutlich hinter Berlin (25 Prozent) und Hamburg (22 Prozent) – allerdings damit immer noch vor allen anderen (Flächen-)Bundesländern. In Sachen Autoverkehr liegt Bremen dafür eher am unteren Ende der Tabelle. Trauriger Spitzenreiter ist hier das Saarland mit 71 Prozent Anteil bei den Verkehrsmitteln.

Wer mehr Interesse an dem Thema hat, kann den Kurzreport und die Tabellen dazu »hier herunterladen.

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